Schellenberger Wehrturm bzw. Paßthurm

Logotip Schellenberger Wehrturm bzw. Paßthurm
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Rest einer alten Grenzbefestigung, 1252 zum Schutze der Berchtesgadener Propstei und ihrer Salzwerke am Goldenbach und in Schellenberg errichtet. Das zum Turm gehörige Mauthaus wurde 1841 abgebrochen, 1844 die Straße tiefer gelegt. Beim Turm beginnt der Aufstieg zur Schellenberger Eishöhle.

Geschichte des Schellenberger Turm

Von mächtigen Bergmassiven umschlossen, hatte die Natur dem kleinen Berchtesgadener Fürstentum nur drei Wege durch die Felsbarrieren gebrochen, deren zwei - über Hirschbichlpaß und über den Paß Hangenden Stein - ganz der Willkür der mächtigen und den kleineren Nachbarn stets etwas stiefmütterlich behandelnden Salzburger Erzbischofe preisgegeben waren. Wahrend jener am Hirschbichlpaß nie große Bedeutung erlangte - er war nicht nur im Winter völlig ungangbar, sondern erschloß auch nur ein für den Handel wenig wertvolles Gebiet - bildete der Übergang nördlich von Schellenberg umso mehr die Hauptverbindungslinie aber auch die Ursache manchen Streits zwischen den beiden geistlichen Nachbarstaaten.Schon immer war das Grenzland zwischen dem Rottmanngraben und dem Weißbach ein umstrittener Punkt in der Klosterimmunität. Wohl nicht ohne äußere Ursache hob Kaiser Heinrich VI. im Jahre 1194 dieses Stuck Land vom Bache ,,qui dicitur Riutmagie et ultra usque in rivum Wizpah" bei der Immunitätsverleihung an das Berchtesgadener Stift besonders hervor. Der Grund war sicher darin zu suchen, daß an der Nordseite des Stiftes ein streitbares Geschlecht saß, die Edlen von Guethrat, die ständig darauf bedacht waren, die territorialen Rechtsansprüche des aufstrebenden Klosters zu unterbinden und demselben den Zu- und Durchgang des öfteren zu sperren. Erstmals findet dieses ursprünglich Werfener Geschlecht zur Zeit des 1. Kreuzzuges Erwähnung, als im Jahre 1096 ein Ernst von Guethrat mit dem lothringischen Herzog Gottfried von Bouillon gegen Jerusalem zog und sich durch umsichtige Kampfesweise und großen Mut hervortrat. Dies dürfte wohl fur Erzbischof Conrad I. der Anlaß gewesen sein, dieses Geschlecht mit umfangreichen Gütern zu belehnen, denn bereits im 12. Jahrhundert finden wir guethratische Burgen an der Niederalbe (Unterlauf der Berchtesgadener Ache), bei Rif, Buch und am Nordwestabhang des Guthratsberges in der Chattenau (Gartenau) vor.

Über zwei Jahrhunderte vertraten in der Folgezeit die Edlen von Guethrat als Ministerialen (Dienstmannen, Verwaltungsbeamte) die Salzburger Erzbischofe, deren Interessen in der Grafschaft Kuchl, im oberen Salzachtal und im Pongau. In den Jahren 1208/09 ließ Erzbischof Eberhard II auf einem gegen Rif jäh abfallenden Felsen die heute noch als Ruine sichtbare Burg Alten-Guethrat errichten.

Der jeweilige Burgherr - deren erster Chuno von Guethrat war - hatte vor allem die erzbischoflichen Ansprüche am Tuval und die Salzausfuhr aus Hallein und Schellenberg zu überwachen. Er und sein Sohn Karl setzten in den folgenden Jahrzehnten dem Berchtesgadener Stift arg zu und hatten es besonders auf das Gebiet zwischen Rottmanngraben und Weißbach abgesehen. Diese Angriffe nahmen auch unter den bei den Enkeln Chuno und Otto von Guethrat kein Ende. Die Chorherren versuchten nun, sich gegen derlei offensichtliche Verletzung ihrer Rechte durch eine Befestigungsanlage zu wehren und erbauten gegen Grafengaden zu jener Einmündung des Rottmannsgrabens in die Niederalbe einen Wachturm mit festem Tor (urk. erstmals 1252 erwähnt). Dieses Vorgehen rief nun ihrerseits die Herren von Guethrat auf den Plan, die sich in ihrer Grafschaft und ihrem Gerichte (sie hatten bis zum Jahre 1334 auch das Burgrecht zu Schellenberg inne) beeinträchtigt fühlten. Auch ihre Untertanen brachten bei jedem Gedingtag (Gerichtstag) Klage gegen die neu errichteten Befestigungswerke vor, da diese sie sowohl bei der Viehweide als auch bei den Feld- und Waldarbeiten und jeglichem anderen Durchgangsverkehr behinderten. Auf die Beschwerden ihrer Hintersassen waren die Herren von Guethrat erstmalig im Jahre 1252 an Probst Conrad II. und sein Konvent mit dem Verlangen um gerechte Abhilfe, d.h. Abbruch des Tores und Turmes, herangetreten. Diese Intervention zeitigte jedoch keinerlei Erfolg, da das Stift seinerseits durch Privilegien und durch noch lebende Zeugen beweisen konnten, daß schon zu Zeiten des Großvaters der genannten Brüder von Guethrat das Gebiet zwischen Rottmanngraben und Weißbach Bestandteil seines rechtlichen Grundbesitzes sei. Dieser Streit, der sich über mehrere Jahre hinzog - die Guethrater hinderten von ihrer Burg aus nicht nur die Salzausfuhr des Stifles auf der Niederalbe, sondern suchten
auch auf jene andere Weise zu schädigen - nahm erst dadurch ein Ende, daß sich die Herren von Guethrat dazu bequemten, sich im Jahre 1258 stillschweigend auf die von Berchtesgaden geforderte Grenze von Weißbach zurückzuziehen. In einem beiderseitigen Vertrag vom 04. Mai 1258 wurde dieser Bach nun endgültig als Grenze anerkannt, auch Turm und Tor durften bleiben, jedoch unter der Bedingung, daß den Guethratern und ihren Untertanen der Ein- und Ausgang jederzeit gestattet würde.

Trotzdem kam es in den folgenden Jahrzehnten immer wieder zu Streitigkeiten und Tätlichkeiten, hervorgerufen durch die damals noch sehr unklaren Jagd-, Forst,- und Weidegrenzen. Zu einem ernsteren Zwischenfall kam es, als im Jahre 1306 eine großere Schar Berchtesgadener (unter ihnen zahlreiche Schellenberger, Auer und Salzberger Einwohner) die Abwesenheit des Salzburger Erzbischof nutzten, vom Schellenberger Turm aus uber des Erzstifts Untertanen in Grafengaden herfielen, großen Schaden anrichteten und viele der Überfallenen töteten oder verwundeten. Salzburg war über diese Gewalttat sehr erbost und forderte von Berchtesgaden umgehend volle Genugtuung, zumal sich unter den Übeltätern auch Amtspersonen (die beiden Richter zu Berchtesgaden und Schellenberg) befanden. Wohl oder übel mußte sich das Stift dieser Forderung beugen und seine beiden Befestigungsanlagen - die Türme zu Schellenberg und Hallthurm - pfandweise an Salzburg abtreten. Während salzburgische Söldner im Turm zu Schellenberg Quartier bezogen, wurde ein Salzburger Domherr (Eberhard) als Probst nach Berchtesgaden gesetzt (bis 1316). Erst im Jahre 1316 wurde dem Stift wieder gestattet, wieder einen Probst aus den Reihen des eigenen Kapitels zu wählen. Conrad IV. (1316 - 1333) hatte große Mühe, die nun wehrlos gewordene Nordostflanke seines Ländchens - insbesondere seine Schellenberger Salzwerke - gegen die neidischen Nachbarn zu schutzen. Ohne ein Eingreifen der salzburgischen Turmbesatzung befürchten zu müssen, griffen im Jahre 1332 die Gewerken und Bürger Halleins zur Selbsthilfe, überfielen die Schellenberger Salzpfannen und warfen die auf der StraBe nach Salzburg befindlichen Salzwagen um.

Mit dieser demonstrativen Handlung wollten sie wieder einmal den Berchtesgadener Salzhandel und -transport auf der Salzach unterbinden.

Wenige Jahrzehnte später kam es erneut zu schweren Auseinandersetzungen am Schellenberger Turm. 1382 fielen die Bayern unter ihrem Herzog Friedrich von Bayern-Landshut in das Berchtesgadener Land ein - Probst Ulrich I. hatte sie zu Hilfe gerufen - und vertrieben daraus die salzburgischen Söldner.

Lediglich die salzburgische Besatzung im Schellenberger Turm leistete hartnäckig Widerstand, und erst im Sturm gelang es den Bayern, die ,,Schellenberger Veste" zu erobern. Doch nur wenige Monate waren Turm und Tor von bayerischen Söldnern besetzt. Erzbischof Pilgrim verbündete sich mit dem Herzog von Osterreich und dem Bischof von Passau, um die Eindringlinge zurückzuschlagen. Dabei gelang es den Salzburgern, wenn auch ,,mit vielem Blutvergießen", sich wieder des Turms vor Schellenberg zu bemächtigen. Ein versteckt zwischen Sträuchern stehendes verwittertes Steinkreuz aus Konglomerat (,,Nagelfluh") erinnert noch heute an die Stelle des Kampfes und die Erschlagenen. Erst 1384 kam es zu Friedensverhandlungen zwischen den streitenden Parteien, wobei von seiten Salzburgs der Turm der Obhut des Bischofs Friedrich von Chiemsee anvertraut wurde. Zugleich zog ein Salzburger Domherr (Conrad V.) als neugewählter Probst in Berchtesgaden ein.

Probst Conrad fand ein völlig verarmtes und verschuldetes Stiftsland vor, dessen Einkünfte nicht einmal mehr reichten, die Zinsforderungen der zahlreichen adeligen und bürgerlichen Gläubiger zu erfüllen. Ohne jegliches Betriebskapital war Berchtesgaden bald nicht mehr in der Lage, seinen Salzbau selbst fortzuführen. Auf Ansuchen des Probstes übernahm daher im Jahre 1389 Erzbischof Pilgrim von Salzburg die Berchtesgadener Salzwerke samt Wehranlagen vor Schellenberg. Welche Bedeutung Salzburg diesen Befestigungswerken beimaß, beweist uns die Tatsache, daß Pilgrim sie sofort durch Umbauten verstärken und durch einen salzburgischen Pfleger besetzen ließ (urk. 1401). Nach der gänzlichen Einverleibung Berchtesgadens durch Salzburg (1393 - 1404) mußte sich Probst Peter II. Verpflichten, Schellenberg mit Saline, Turm und der zugehörigen Klause weiterhin dem Erzstift pfandweise zu überlassen, bis endlich die Schuld von 44.000 Golddukaten abbezahlt war.

1449 fällte abermals ein Schiedsgericht zu Salzburg den Spruch, daß der Turm vor Schellenberg mit Burghut und seinen 32 Pfd. Pfenn. Einkommen - weiterhin von einem salzburgischen Pfleger besetz werde und solange dem Erzstift verbleibe, bis Berchtesgaden seine 28.428 Golddukaten betragende Schuld gegenüber Salzburg beglichen habe. Auch wurde zur Auflage gemacht, daß der jeweilige Pfleger des Turmes dem Erzstift treu und gehorsam sei, widrigenfalls Salzburg den Salzbau zu Schellenberg wieder an sich ziehen könne, Berchtesgaden dagegen für die bauliche Erhaltung von Tor und Klause zu sorgen habe.

Salzburgische Pfleger wahrten bis zum Jahre 1556 die Rechte des Erzstiftes. Zu diesem Zeitpunk hatte Berchtesgaden endlich seine alten Schulden an Salzburg abbezahlt, so daß einer Rückgabe der Pfandobjekte nichts mehr im Wege stand. Nach 167-jähriger Pfandschaft gab Salzburg den Turm, die Burghut und die Pfanne zu Schellenberg wieder an Berchtesgaden zurück. Gleichzeitig wurde dem Christoph Hofer das Leibgeding auf dem Turme lebenslänglich versichert. Nur wenige Jahrzehnte dauerten die friedlichen und einigermaßen gut nachbarlichen Beziehungen Schwere Differenzen mit Bayern, vor allem wegen der Erhöhung der Salzmaut, bewogen Erzbischof Wolf Dietrich (1587 - 1612), die Grenzen seines Fürstentums gegen Bayern und Berchtesgaden zu befestigen und zwei feste Lager (bei Grödig und vor Hallthurm) zu errichten. Außerhalt des Turmes vor Schellenberg, am Hangendenstein, bezogen 200 Mann der salzburgischen Streitmacht Stellung.

Obwohl die umfangreichen Kriegsvorbereitungen nicht unerkannt blieben, kam der nächtliche Angriff auf Berchtesgaden doch sehr überraschend. Während allenthalben salzburgische Truppenverbände gegen Bayern vorrückten, fiel der salzburgische Obrist Gerhard Ehrgott mit 1.000 Mann in Berchtesgaden ein, ließ die Einwohner entwaffnen, die Pässe besetzen und alle Zufahrtswege abriegeln (07. Oktober 1611).

Ein rasches Eingreifen Herzog Maximilians von Bayern bereitete dieser Annexion bald ein Ende. Bereits am 25. Oktober sah sich Salzburg gezwungen, das Fürstentum wieder zu räumen. Kaum schienen wieder Ruhe und Ordnung im Lande eingekehrt, als ein neuer, weitaus gefährlicherer Feind sich auf die Grenzen unseres Landes zuwälzte: Die Pest. Im Jahr 1634 drang die gefürchtete Seuche auch in die Umgebung Salzburgs, nach Hallein und Schellenberg vor. Die kurfürstlich Berchtholdsgadische Regierung versuchte sofort, mit Gegenmaßnahmen die drohende Gefahr abzuwenden. Man plante, an den Päßen Hallthurm und Hangendenstein die Wälder teilweise nieder zu hauen, um die Landesgrenzen sorgfältiger bewachen zu können. Die Tore bei Hallthurm und vor Schellenberg wurden gesperrt und die Grenzübergange durch Verbaue und verstärkte Wachen unpassierbar gemacht. Trotzdem zog sich der Hällinger zu Schellenberg einen strengen Verweis ,,ob seiner liederlichen Unaufmerksamkeit" zu, da er das Tor nicht rechtzeitig schließen ließ, so daß die Pest durch einen bereits Infizierten Zugang zum Markte Schellenberg fand. Ein Niederbrennen des infizierten Hauses verhinderte jedoch ein Ausbreiten der gefährlichen Seuche.

Salzburg und Berchtesgaden hatten den Dreißigjährigen Krieg, im Vergleich mit anderen Reichsländern, glücklich überwunden. Was beide Länder durch ihn zu erleiden hatten, waren vor allem die stete Sorge einer erhöhten Belastung mit Steuern und weiteren Anleihen. Kurfüst Maximilian Heinrich (1650 - 1688) oblag es, die inneren Verhältnisse seines Ländchens neu zu regeln. Zu seinen Bauvorhaben zählte auch die Errichtung eines Mauthauses an der Ostseite des Schellenberger Turmes (1677), wodurch die gesamte Anlage ein festungsähnliches Aussehen erhielt. Für die Wachmannschaft, bestehend aus einem Korporal und 6 Mann, sorgte der Müller und Pekh (Backer) auf der nur wenige Meter vom Turm entfernt liegenden Turmmühle, der neben der ,,Pachgerechtigkeit" für Schwarzbrot auch die Erlaubnis des Verkaufs an ,,Mell und Getraidt" hatte.

Noch einmal sollte der Turm zu Verteidigungszwecken herangezogen werden, deshalb wurden in den Jahren 1800/01, wahrend der napoleonischen Kriege gegen Österreich, die heute noch sichtbaren rechteckigen Schießscharten eingebaut. Glücklicherweise vollzog sich der Einmarsch der Franzosen - Dank der mutigen und diplomatischen Haltung des letzten Berchtesgadener Fürstprobstes Joseph Conrad von Schroffenberg (1780 - 1803) - äußerst friedlich. Dabei nahmen die in Schellenberg einquartierten ,,Monsieurs" weit weniger Notiz von der nahen ,,Veste Schellenberg", als von den umliegenden Wäldern, in denen sie nach Herzenslust ihrer Jagdleidenschaft frönten.

Bis zum Jahre 1823 war eine Grenzbesatzung im Turm stationiert, dann zog sie in das neu errichtete kgl. bayerische Zollamt zu Fußen des alten Wehrturms um. Dem zunehmenden Stellwagenverkehr war bald auch das alte Mauthaus hinderlich. 1841 wurde es abgebrochen und drei Jahre später die einstige Paßhöhe abgetragen und die Straße tiefer gelegt. Als letzter Rest der ehemaligen Wehranlage blieb der ,,Paßturm", auch heute noch so genannt, obwohl die mittelalterliche Paßstraße, die einst manchem Salzfuhrwerk schwer zu schaffen machte, längst verschwunden ist. Durch die Aufhahme des Turmes in das Wappen der Gemeinde Landschellenberg (angeregt vom Kreisheimatpfleger E. Aigner) wurde diesem historisch so bedeutendem Bauwerk ein bleibendes Denkmal gesetzt.

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Dodatne informacije:
www.marktschellenberg.de

Poizvedbe na:
touristinfo@marktschellenberg.de
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